Getreidewissen kompakt

09.06.2017 10:51

Ausgabe 2: Die gefährliche Kondensation

Das plötzliche Auftreten von Wassertropfen aus feuchter Luft.

Warum ist Kondensation bei der Getreidelagerung so gefährlich? Ganz einfach ausgedrückt, ist Kondensation das plötzliche Auftreten von Wassertropfen aus feuchter Luft heraus. Ein Wassertropfen sorgt, sobald er auf ein Getreidekorn trifft, für eine immens hohe Feuchtigkeit an diesem Punkt.


Die Schimmelsporen, die sich überall befinden, werden umgehend anfangen sich zu entwickeln und Schimmel wächst auf dem Getreidekorn. Ob warm oder kalt ist dem Schimmel egal, ist es kalt, so dauert die Entwicklung eben nur etwas länger, schimmeln wird es trotzdem. Diese Weisheit muß ich leider selber immer wieder fest stellen, wenn ich in meinen Kühlschrank schaue. Also, ein Wassertropfen gleich Schimmel, leider!

Formel für die relative Luftfeuchtigkeitsentstehung

Wie entsteht überhaupt Kondensation und wo muss man mit Kondensation rechnen?
Luft ist ein schwieriges Ding. Mal groß, mal klein, mal leicht, dann wieder schwer, mal kalt und dann wieder warm, dann feucht und plötzlich wieder trocken und das alles auch noch relativ zu seiner Umgebung. Ganz schön kompliziert. Des halb gibt es auch unzählige Bezeichnungen und Größen, auch relative, das macht es so schwer. Daher haben sich die Techniker darauf geeinigt, die Luft normalerweise in kg zu messen. Ein Ku bikmeter Luft wiegt bei 20 Grad Temperatur un gefähr 1,2 kg, bei 0 Grad aber schon ca. 1,3 kg! Wie kommt das? Luft dehnt sich aus bei Erwär mung und zieht sich zusammen bei Abkühlung! Kennen wir alle, Prinzip des Heißluftballons: Hül le hinlegen, Luft reinpusten noch passiert gar nichts. Machen wir dann aber den Brenner an und erhitzen die Luft, füllt sich der Ballon und er beginnt aufzusteigen. Die Luft in dem Ballon erwärmt sich, die Luft dehnt sich aus, erreicht eine niedrigere Dichte und nimmt mehr Raum in Anspruch. Es ist aber nicht mehr Luft geworden, sie braucht jetzt nur mehr Raum. Jeder einzelne Kubikmeter Luft ist dabei um einiges leichter geworden, als die Umgebung um den Ballon he rum, deshalb zieht es den Ballon nach oben. Anders herum funktioniert es ebenso, kühlt sich die Luft ab, schrumpft sie auf einen engeren Raum, erhöht ihre Dichte und wird schwerer, fällt eher zu Boden. Kommen wir aber zurück zur Feuchtigkeit und der Kondensation.
 

Wie verhält sich die Feuchtigkeit in der sich verändernden Luft?
Erwärmen wir die Luft, dehnt sie sich aus. Solch warme Luft kann mehr Wasser aufnehmen als kalte Luft, die relative Feuchtigkeit der Luft fällt. Kühlen wir hingegen die Luft ab, zieht sie sich zusammen und die Luftfeuchtigkeit steigt. Das wäre ja alles nicht so schlimm, aber es geht richtig schnell. Pro ein Grad Erwärmung oder Abküh lung verändert sich die Feuchtigkeit um ungefähr 5%. Das hört sich nicht viel an, ist aber eine gan ze Menge. Nehmen wir ein Beispiel : Wir haben eine normale Raumluft mit einer relativen Feuchtigkeit von 70%. Kühlen wir diese Luft jetzt um ein Grad ab, nur ein Grad, so schrumpft die Luft und die Feuchtigkeit steigt um 5 % auf 75 %. Hört sich immer noch nicht viel an, aber was passiert bei 7 Grad Abkühlung? Unsere Luft kühlt sich um 7 Grad ab, jedes einzelne Grad erhöht die Luftfeuchtigkeit um 5 %. Also erhalten wir nach der Abkühlung eine Luft mit 105 % relative Feuchtigkeit!

Trifft Wärme auf Luft, dehnt sich diese aus. Kälte führt zu dem entsprechenden Umkehrschluss.

Jetzt muss man leider wissen, dass der Begriff relative Luftfeuchtigkeit heißt: Das ist die prozentuale maximale Wasseraufnahmefähigkeit der Luft in ihrem jeweiligen Zustand. Heißt nichts anderes, als bei 100 % ist die Luft voll, mehr geht nicht. 105 % rel. Feuchte gibt es also nicht, oder anders ausgedrückt. Das überschüssige Wasser fällt tatsächlich einfach aus der Luft heraus, in Form von kleinsten Wassertröpfchen. Kennen wir auch alle, ist für uns nichts Neues
Morgens über den Feldern, bei einer kühlen Nacht, hängen die Nebelschwaden direkt über dem Boden. Die Luft ist abgekühlt, sie zieht sich zusammen, die Feuchtigkeit steigt und bei 100 % fällt das Wasser aus der Luft heraus. In so kleinen Tröpfchen, dass diese sogar in der Luft schweben können. Kommen ein paar Sonnen strahlen über den Horizont und erwärmen die Luft, dehnt sich diese aus, wird trockener und saugt die Wassertröpfchen wieder auf, schlag artig.Jetzt haben wir weit ausgeholt und sollten jetzt langsam mal wieder zum Getreidelager zu rückkommen.

Was passiert im Getreidelager?
Im Getreidelager stellt sich normalerweise eine Luftfeuchtigkeit von ca. 70 % ein. Das resultiert aus der eingelagerten Feuchte des Getreides und dem Anteil an feuchterem Besatz, etc. Kühlen wir diese Luft aber um 7 Grad ab, so entsteht, ganz von allein, Nebel oder Wasser tropfen. Kühlt sich die Luft an z.B. kaltem Blech ab entsteht gleich Wasser in Form von Tropfen. Aber selbst an kälterer Luft kann sich die Luft abkühlen und Feuchtigkeit auswerfen.
Beispiele: Das Getreide ist 30 Grad warm, wir belüften und die Belüftungsluft kommt oben aus der Schüt tung mit einer Temperatur von ca. 30 Grad raus ... und trifft dann auf das kalte Blechdach, das lediglich 15 Grad hat! Die Luft kühlt sich jetzt um 15 Grad ab! Die Feuchtigkeit steigt um 15 x 5%, also um 75 %! Aus der Schüttung kommt die Luft mit einer Feuchtigkeit von ca. 8590 %, würde also auf ca. 160 % Feuchtigkeit steigen. Das geht nicht, daher schmeißt die Luft haufen weise Wasser raus, das an dem kalten Blechdach kondensiert. In der Praxis reden wir hier über Mengen, die nicht mehr in Eimern gemessen werden, sondern in Tonnen! All dieses Wasser läuft am Dach ab, oder tropft auf das lagern de Getreide herab und produziert umgehend ... Schimmel.
Diese Kondensation funktioniert überall, wo die Luft sich zügig abkühlen kann. An den kalten Schrauben, die bei einem Blechsilo in die Ware hineinreichen, an kalten Fördereinrichtungen oberhalb des Getreides, oder auch nur, bei ru hendem Getreide, an der Oberfläche der Ware. Da hier warme Luft zwischen den Körnern auf kalte Nachtluft trifft. Abkühlt und Feuchtigkeit verliert und somit Schimmel produziert. Wir ken nen dies als Verfestigung an der Oberfläche, man sinkt nicht mehr so leicht ein, es ist aber das Resultat von Kondensation und führt leicht zu Schimmel. Als Reaktion darauf harkt man die Ware durch, um etwas Feuchtigkeit wieder ab zuführen.
Auch wenn z.B. der Belüftungsstutzen, aus Nach lässigkeit, offen bleibt und im Frühjahr warme Frühlingsluft in den Silo zieht, sich an der kalten Ware abkühlt und Wasser verliert. Dies führt üb licherweise zu Schimmelbildung direkt über den Kanälen oder Siebböden. Also überall da, wo eine Abkühlung eintreten kann, ist mit Feuch tigkeit und damit automatisch mit Schimmel zu rechnen. Über dem Getreide, am Dach, an den Blechsilowänden, an den Schrauben, an kühlen Fördereinrichtungen oder auch nur an kalten Wänden oder den Belüftungseinrichtungen.

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