Getreidewissen kompakt

14.12.2017 10:21

Ausgabe 5: So vermeiden Sie Auswuchs an der Oberfläche des Getreidelagers!

Feind Kondensation.
Auf der oben offenen Fläche eines Getreidelagers kann es gesondert zu Auswuchs kommen. Dies geschieht besonders an diesem Punkt, weil hier, und fast nur hier, mehrere Faktoren aufeinander treffen. Das Getreidekorn muss bereit sein auszuwachsen, d.h. es muss die Entwicklungsphasen abgeschlossen haben und die Keimruhe hinter sich gelassen haben. Hier ist insbesondere der Roggen eine kritische Frucht, weil er praktisch gesehen fast keine Keimruhe hat und damit besonders keimfreudig ist. Der Roggen kann direkt aus dem aufbauenden Pflanzenwuchs in die Keimung übergehen, was ein Weizen z.B. nicht so einfach kann. Zum Keimen benötigen alle aber unbedingt Wasser und zwar eine ganze Menge.


Jetzt kommt die Oberfläche des Getreidehaufens ins Spiel, hier treffen nämlich mehrere verschiedene Temperaturen aufeinander. Getreide keimt nicht einfach aus, weil das Getreide zu feucht eingelagert wurde, so feucht wird heutzutage nicht eingelagert. Es muss Feuchtigkeit entstehen und ins Getreide laufen, damit das Getreide keimen kann und dies geschieht unter gewissen Bedingungen eben sehr häuufig an der Getreideoberfläche.

Warum gerade hier? Zum Entstehen von Wassertropfen durch Kondensation benötigt es unterschiedliche Temperaturen. Natürlich muss die Luft eine gewisse Grundfeuchtigkeit haben, aber eine stärkere Abkühlung produziert sogar bei fast trockener Luft Wassertropfen. Luft kühlt sich ab, dadurch zieht sich die Luft zusammen, die Luftfeuchtigkeit erhöht sich und Wasser fällt aus der Luft heraus.

Jedes Mal, wenn verschiedene Temperaturen aufeinander treffen kommt es fast immer zu Kondensation.
Beispiel Getreide Oberfläche: Ein Flachlager mit einer Getreidetemperatur von 25 Grad kurz nach der Ernte. Jetzt haben wir in Norddeutschland bereits direkt nach der Weizenernte Nachttemperaturen von 14-15 Grad. Diese kühle Nachtluft zieht ins Getreidelager hinein und legt sich auf die Getreideschüttung. Die Luft zwischen den Getreidekörnern ist 25 Grad warm, die angrenzende Luft aber nur 15 Grad. Die Luft in der Getreideschüttung kühlt sich um viele Grad ab und bei jedem einzelnen Grad Abkühlung steigt die Luftfeuchtigkeit um 5%. Eine Luftfeuchtigkeit in der Schüttung von 70-75 % ist normal, je nach Besatzanteil und Feuchte. Also lediglich eine Abkühlung von 5-6 Grad erzeugt bereits Wasser an der Oberfläche. Diese Situation ist jedem Lageristen vertraut und er weiß auch was dagegen zu tun ist. Er erkennt diese Kondensation indem er auf dem Getreide herumläuft und merkt, dass er nicht mehr so leicht einsinkt. Das Getreide verfestigt sich, es ist aber nicht anderes als ein Ausdruck von Schimmel, der durch übermässige Feuchtigkeit entsteht. Die Lösung hierbei: Man harkt das Getreide durch, um mehr Luft an die Körner zu bringen und hofft so, dass ein Teil der Feuchtigkeit abgetragen wird.
Ein weiterer Aspekt der Kondensatbildung ist die feuchtwarme Abluft während der Belüftungsoder Kühlphase. Hier kommen große Mengen feuchtwarme Luft aus der Getreideschüttung, oftmals sogar wärmer als die Getreidetemperatur und oft bis zu 90% feucht. Wenn diese Abluft nicht sofort das Lager verlassen kann, beginnt jede Nacht das gleiche Schauspiel. Die Warme und feuchte Luft verlässt die Getreideschüttung, zieht nach oben, und schlägt gegen das kalte Lagerdach, das sich natürlich auf Nachttemperatur abgekühlt hat. Hier würden lediglich 2-3 Grad Abkühlung reichen, um Kondensation zu bilden. Aber oftmals ist eine Herunterkühlung von bis zu 20 Grad möglich! Hier bilden sich nicht ein paar Wassertropfen, wie üblich, hier läuft das Wasser geradezu an der Decke herunter, oder tropft und läuft ins Getreide zurück. Hier wachsen dann auch die Körner schnell aus, da einfach sehr viel Wasser zur Verfügung steht. Ähnlich den Keimbecken in der Mälzerei. Deshalb muss im Getreidelager auf ausreichend Abluft geachtet werden oder genügend offene Fenster und Luken, durch die die feuchtwarme Luft schnell abziehen kann, ohne zu kondensieren. Sind nicht genügend Öffnungen oder Abluftventilatoren vorhanden, so staut sich die Luft und hat jede Menge Zeit sich abzukühlen und damit viel Wasser rauszuschmeissen.

Zusammenfassung: Für ein Auswuchsproblem bedarf es besonderer Situationen, von bereits keimendem Getreide einmal abgesehen. Das Lagergut sollte recht warm, oder normal warm sein, während bereits recht kühle Nächte herrschen. Dann bildet sich Kondenswasser an der Oberschicht der Schüttung, was zu Keimung führen kann. Eine andere Möglichkeit ist noch während der Belüftung. Das Getreide ist wärmer als die Nachtluft, was ja meistens gegeben ist, so kommt es zu Kondensation an der Lagerdecke, wenn nicht genügend Abluft vorhanden ist. Dies geht recht schnell.

Beispiel: Silo Durchmesser 15 m und ca. 20 m hoch Inhalt: ca. 2600 t Weizen
Die Luftmenge, die realistisch durch einen Silo zu bekommen ist beträgt ca. 30.000 m³/h. Sollten jetzt keine, oder nur Abluftventilatoren mit einer geringen Luftmenge installiert worden sein, so kann es sein, dass die Siloöffnungen nicht ausreichen, um die feuchtwarme Luft nach draußen zu bewegen. Die Luft staut sich, kann Abkühlen und kondensiert am Silodach und allen kühlen Metallteilen. Ein Teil tropft auf das Getreide zurück und ein Teil läuft über das schräge Dach und die offenen Seiten nach draußen und tropft am Silo außen herunter. Dass man ein solches Kondensationsproblem hat lässt sich übrigens ganz einfach erkennen: Wenn die Mitarbeiter morgens in den Betrieb fahren, können sie auf den Silofundamenten außen große Wasserpfützen sehen. Oftmals steht das Wasser hier draußen mehrere Zentimeter hoch. Das ist das Wasser, was nachts am Dach kondensiert ist und über die Dachkante nach außen abgelaufen ist. Eine ähnlich große Menge an Wasser tropft aber üblicherweise dann auch auf das Getreide herab und verursacht den Schimmel und den Auswuchs. Viel Abluft eliminiert aber leider auch nicht alle Probleme mit der Kondensation, aber minimiert die Schäden, die daraus entstehen. Fazit: Die Abluft sollte ausreichend groß sein und die Silomitarbeiter sollten regelmäßig die Oberfläche des Lagers begutachten.

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